Kreis Euskirchen - Rotes Kreuz ist nah an Familien
Leicht nutzbare Angebote für Eltern und Kinder geschaffen - Beide Rotkreuz-Familienzentren im Kreis sind jetzt offiziell zertifiziert
Gemünd/Blankenheim – „Wir haben als einziger Träger im Kreis gleich zwei Familienzentren – und beide sind jetzt zertifiziert worden“, sagt Rolf Klöcker, stellvertretender Geschäftsführer des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen.
Den Nutzen haben Eltern und Kinder aus dem Umfeld der kombinierten Kindertagesstätten und Familienzentren in Blankenheim und Gemünd. „Wichtigste Aufgabe der Familienzentren ist es, für alle Familien in der Umgebung leicht nutzbare Angebote zu schaffen“, so Klöcker.
Das schließt ausdrücklich auch Familien mit ein, die keine Kinder in der jeweiligen Einrichtung haben.
Sonja Schäfer, Leiterin des Blankenheimer Familienzentrums im Nonnenbacher Weg, sagt: „Für viele Eltern ist es auch einfacher und angenehmer, mit unseren Mitarbeitern zu sprechen, als zu den Ämtern in Euskirchen zu müssen.“ Die Räumlichkeiten und Ansprechpartner sind vielen Eltern vertraut – das hilft, Hemmschwellen abzubauen.
Beratung und Seminare gerade in Sachen Erziehung und Konfliktlösung sind Schwerpunktthemen in den Rotkreuz-Familienzentren. „Und in diesen Bereichen steigt der Bedarf kreisweit“, berichtet Klöcker. Sonja Schäfer: „In vielen Familien müssen beide Elternteile arbeiten. Es gibt weniger Zeit für die Kinder. Allein dadurch können Konflikte entstehen.“
Deshalb bekommen Eltern etwa bei dem Eltern-Kind-Training „Effekt“ zahlreiche Erziehungstipps an die Hand. Während vieler Kurse für Eltern können die Kinder in der jeweiligen Einrichtung betreut werden. Für Andrea Wollgarten, Leiterin des Familienzentrums Gemünd, ist es besonders wichtig, in Seminaren auch das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken.
Außerdem gibt in den Familienzentren zahlreiche weitere Kursangebote wie Wassergewöhnung für Kinder, Eltern-Baby-Kurse, Musikalische Früherziehung, Deutschkurse für Erwachsene, Stressbewältigung im Alltag, Schachkurse für Kinder und Eltern oder Babysitter-Kurse. Aber auch Nordic-Walking-Schnupperkurse oder „Russisch kochen“ steht auf dem Programm. Sprachförderung per Computerprogramm bei den „Schlaumäusen“ oder Beratungs- und Therapieangebote einer Logopädin komplettieren das Angebot.
Dazu mussten einige Kooperationspartner gefunden werden. Neben der Rotkreuz-Familienbildung sind das Sportvereine und Musikschulen, die Volkshochschule, der Kinderschutzbund, Grundschulen und Seniorenheime wie das Communio-in Christo geführte „Haus Effata“, die Stadt Schleiden und die Gemeinde Blankenheim oder das Gesundheits- und Jugendamt.
„Wir rücken durch das Familienzentrum näher an die Familien heran“, sagt Sonja Schäfer. Und so gibt es ein offenes Elternfrühstück in der integrativen Blankenheimer Kindertagesstätte. Am Info-Stand liegen direkt neben der Kaffeemaschine zahlreiche Informationen und Broschüren zu Kursen aus. Wenn etwas nicht im Familienzentrum zu lösen ist, vermittelt das Team auch an andere Stellen.
Rolf Klöcker: „Es war sehr aufwendig, erst einmal den Bedarf der Familien im Umkreis herauszufinden.“ Auch personell sind die umfangreichen Aufgaben in einem Familienzentrum eine Herausforderung. Klöcker: „Für die 12 000 Euro Zuschuss vom Land kann man niemanden einstellen, die Summe wird schon fast für die entstehenden Sachkosten gebraucht.“
Viel Vorarbeit sei nötig gewesen, um die begehrte Zertifizierung für die Kindertagesstätten in Gemünd und Blankenheim zu erhalten. Nur wer das umfangreiche Punktesystem des Berliner Forschungs- und Entwicklungsinstituts „Pädquis“ erfüllt, bekommt die Zertifizierungsplakette.
„Allein in den Evaluationsbögen müssen 120 Fragen zu acht Themenbereichen beantwortet werden“, sagt Andrea Wollgarten. Ein Mitarbeiter von „Pädquis“ besucht auch die Einrichtungen, um sich vor Ort ein Bild zu machen.
Dabei hat Rolf Klöcker, der beratendes Mitglied im Jugendhilfeausschuss ist, auch Kritik an dem Zertifizierungsverfahren: „Einige Anforderungen sind nicht auf die jeweilige Situation der Tagesstätte zugeschnitten. Die Kriterien sind sehr starr, manche in einzelnen Einrichtungen nicht sinnvoll.“
So gebe es nicht in allen Familienzentren den Bedarf dafür, mindestens zweimal in der Woche bis 18.30 Uhr eine Betreuung anzubieten. Doch wer diese Voraussetzung nicht erfüllt, bekommt eben keine Punkte in diesem Bereich. Dabei hat der Blankenheimer Kindergarten sogar 47,5 Stunden in der Woche geöffnet.
Um den Stundenbedarf abdecken zu können, ist eine rechtzeitige Anmeldung nötig. Rolf Klöcker: „Durch das neue Kinderbildungsgesetz müssen die Eltern ihre Kinder erstmalig bereits bis zum 15. Januar für das am 1. August beginnende Kindergartenjahr anmelden. Viele wissen das noch nicht.“
Für vier Jahre gilt die Zertifizierung als „Familienzentrum NRW“. Für Rolf Klöcker ist die Auszeichnung aber kein Grund, jetzt die Hände in den Schoß zu legen, im Gegenteil: „Gleich Anfang nächsten Jahres führen wir in allen unserer 15 Einrichtungen Fortbildungen durch, die die bereits seit Jahren begonnene Qualitätsmanagementinitiative ergänzen.“