· Mechernich

Mechernich - Böllerschüsse vom Balkon

Bild DRK LM | Leeres Rathaus, voller Rathausplatz: Bürgermeister und Stadtverwaltung haben nach heftigem Wort- und Feuergefecht kapituliert, der Straßenkarneval ist ausgebrochen.
Bild DRK LM | Das schlechte Wetter tat der guten Laune auf und vor der Bühne keinen Abbruch
Bild DRK LM | Ganze Familienbünde waren prächtiger Laune.
Bild DRK LM | Wenn die andern feiern, sind sie immer schützend im Hintergrund mit von der Partie: Doch diesmal brauchten die Freiwilligen des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen in Mechernich beim Sturmangriff aufs Rathaus nicht einzugreifen. Es gab keine Verwundeten.
Bild DRK LM | Auch Deutschlands freundlichster Schutzmann, Mechernichs Sheriff Alfred Trenz, konnte bei dem Gefecht vor dem Rathaus keine Kriegsrechtsverletzungen feststellen.
Bild DRK SE | Dabei hatte der Weiberdonnerstag für Mechernichs ersten Bürger schon unglücklich angefangen: Seine Sekretärin Martina de Vries erleichterte das Stadtoberhaupt mit der Schere um die untere Hälfte seines Schlipses. Und Vize-Bürgermeister Robert Ohlerth im Hintergrund lacht sich auch noch "schibbelig"
Bild DRK LM | Dann nähern sich Generalissimo Heinz "Addy" Sechtem und seine Truppen dem Rathausplatz.
Bild DRK SL | Eine erwartungsfrohe Menge harrt auf dem Rathausplatz der Dinge, die in diesen tollen Tagen geschehen.
Bild DRK LM | Die Feldartillerie der Prinzengarde Mechernich, die diese Session 40jähriges Bestehen feiert, eröffnet das Feuer.
Bild DRK SL | Dann kracht es auf der Rathausbalustrade: Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick geht mit Böllerschüssen zum Gegenangriff über.
Bild DRK LM | Dann endlich hissen Bürgermeister und Stellvertreter die weiße Fahne.
Bild DRK LM | Nachdem er die Kapitulationsurkunde unterzeichnet hatte, riet Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick der Narrenschar für die verbleibenden närrischen Tage: „Habet Durst - und meidet Schlaf. Und ruft mit mir ganz laut ‚Alaaf‘!“
Bild DRK LM | Schick und auch Prinzengardechef Heinz "Addy" Sechtem waren an diesem Weiberfastnachtsdonnerstag ausgesprochen gut "drauf". Sechtem moderierte witzig und spontan.
Bild DRK LM | Auch das Dreigestirn der Feytaler Jecken war zum Mitstürmen in die "Hauptstadt" gekommen.
Bild DRK LM | Am Ende standen nahezu alle Dreigestirne und Prinzregenten aus der närrischen Stadt am Bleiberg auf der Bühne.
Bild DRK SE |Auch die sechs Monate alte Sophia Stracki aus Eiserfey wohnte dem lautstarken Rathaussturm bei. Mama Daniela und die Großeltern Margret (r.) und Josef Eich sind ganz stolz auf ihr süßes Clownskind.

Mechernicher Tradition an Weiberfastnacht: Närrischer Rathaussturm mit Artillerie und Gegenfeuer bis zum Hissen der weißen Fahne - Machtübernahme auch diesmal erfolgreich: Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick wehrte sich erst heftig, streckte aber dann doch die Waffen – Dreigestirn verkündet nach Übergabe der Rathausschlüssel neues „Mechernicher Grundgesetz“ – Wie immer, wenn die andern feiern: Mechernicher Rotkreuz-Mannschaft stand wieder Rettungswagen und Manpower „bei Fuß“, um die Gesundheit der fröhlichen Menschenmenge zu beschützen

Mechernich – Mit den Worten „Jetzt schlägt`s 13“ hatte Dr. Hans-Peter Schick die Gäste beim Neujahrsempfang der Stadt im Januar scherzhaft begrüßt. Gemeint war, dass Mechernichs Bürgermeister zum mittlerweile dreizehnten Male zu diesem Empfang am Beginn des neuen Jahres eingeladen hatte. Ebenfalls zum dreizehnten Male musste das Stadtoberhaupt nun an Wieverfasteloovend vorübergehend für die drei tollen Tage von seinem Amt zurücktreten.
Traditionsgemäß legte der erste Bürger alle diesbezüglichen Befugnisse in die Hände des Dreigestirns. Das jecke Publikum auf dem dicht bevölkerten Rathausplatz jubelte, als Hans-Peter Schick seine Kapitulationserklärung verlas – und die Menge gleichzeitig zum Prosten und zu Alaaf- und Helau-Rufen hinriss. Nein, die 13 war auch bei Schicks 13. Abdankung an Weiberfastnacht keine Unglückszahl.
Mit großem Tschingderassabum war das aus dem Festausschuss Mechernicher Karneval (FMK), dem KC „Bleiföös“ und der Prinzengarde Mechernich (PGM) bestehende Komitee Mechernicher Karneval vor dem Rathaus aufmarschiert. Neben dem Mechernicher Trifolium waren auch die Dreigestirne aus Eiserfey und Vussem angereist, um beim Rathaussturm Schützenhilfe zu leisten.
Heinz „Addy“ Sechtem, Kommandant der Mechernicher Prinzengarde, die in diesem Jahr ihr 40jähriges Bestehen feiert, führte souverän durchs Programm und stellte das Dreigestirn in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Prinz Heinz II. „Hucky“ Krans sei ein Mechernicher Karnevalsurgestein, wohne aber in der Nähe von Düsseldorf und müsse daher „immer das dunkle Bier trinken“, scherzte Sechtem, der seinerseits – wie das Dreigestirn – bemerkenswert gut aufgelegt war.
Jungfrau Volker „Volka“ Nüßmann sei zwar „ne Imitierte“, nämlich ursprünglich aus Duisburg, aber bereits „seit 40 Jahren hier“, befand der Gardegeneral. Dagegen komme Bauer Karl „Charly“ Theißen aus der Bergstraße und sei daher ein „echter Mechernicher“. Als Adjutanten standen dem jecken Trifolium auch bei der Schlacht um die leere Mechernicher Stadtkasse und die symbolischen Rathausschlüssel Friedel Hüllenkrämer und Dieter Schuldt (beide PGM) sowie Marcel Hembach vom Festausschuss Mechernicher Karneval (FMK) zur Seite.
Auf der Bühne vor dem Rathaus knubbelte es sich: Sänger Rainer Schnichels von der PGM Big Band sang sich stimmgewaltig in die Herzen der Karnevalisten, und das Stadttambourcorps Mechernich unter der Leitung von Paul Blum spielte zackig auf, ebenso natürlich die Big Band der Jubiläums-Prinzengarde selbst.
Dann ging es ans Eingemachte: Der Bürgermeister habe sich mit „seinen Söldnern“ im Rathaus verschanzt, behauptete Heinz Sechtem, der in ganz Mechernich nur „Addy“ genannt“ wird. Schlimmer noch: Dieser „Personenkreis“ habe sich bislang geweigert, dem Ansinnen der Karnevalisten nachzukommen. „Pfui!“ rief es aus dem Publikum, dann stellte Sechtem ein Ultimatum: „Das ist die letzte Aufforderung! Der Bürgermeister soll Schätze, Wertpapiere und sonstige Kleinodien abgeben. Nötigenfalls erstürmen wir sonst das Rathaus.“
So schnell ließ sich das Stadtoberhaupt aber nicht den Schneid abkaufen. Mit gewaltigen Böllerschüssen vom Rathausbalkon machte Schick unmissverständlich klar, dass mit ihm an diesem Tag nicht gut Kirschen essen war. Kein Wunder: Schon am frühen Morgen hatte seine Sekretärin Martina de Vries ihm mit der Schere den Schlips stark eingekürzt – und der dabei anwesende Vize-Bürgermeister Robert Ohlerth hatte auch noch schallend dazu gelacht . . .
Angesichts des Gegenfeuers, das Schick nun vom Rathausbalkon auf die Feldartillerie der Prinzengarde eröffnete, hatte „Addy“ gleich mit Kennerblick Ernst Pingen von der Kommerner St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft ausgemacht, der dem Bürgermeister vorsintflutliche Schießeisen anreichte. Folgerichtig „ätzte“ Sechtem in Richtung „Beamtenbunker“: „Schicks Söldner sind wieder im Einsatz – und dann auch noch aus Kommern.“
Das war die Höhe, und es kam, wie es kommen musste: Nach ein paar Knallern aus der Kanone der Rathausstürmer schwenkte Schick plötzlich unter den Jubelrufen der versammelten Narren doch noch die weiße Fahne. Auf der Bühne tat er dann seine Abdankung kund: „Jungfrau  Volka, Bauer Theißen und der Prinz tut Hucky heißen, nun übernehmt ihr das Geschick, am Bleiberg herrscht Radau und Glück. Drum wird jetzt hier und ohne Zetern bis Aschermittwoch abgetreten.“
Schicks Tipp für die verbleibenden närrischen Tage lautete im Übrigen: „Habet Durst - und meidet Schlaf. Und ruft mit mir ganz laut ‚Alaaf‘!“  Als Trostpflaster für seine verlorene Amtswürde wurde Schick mit dem Orden der PGM und dem des Dreigestirns ausgezeichnet. Ebenfalls auf der Bühne geehrt wurde Heiner Birken, der von 1973 bis 1979 das Amt des PGM-Vorsitzenden bekleidet hatte.
Das Dreigestirn ließ angesichts Schicks bedingungsloser Kapitulation Großmut walten und verkündete für die Zeit bis Aschermittwoch das „Mechernicher Grundgesetz“. Laut dem gilt unter anderem das Gebot der Gastfreundschaft („Drink doch ene met“), keine Angst vor der Zu-kunft zu haben („Et kütt, wie et kütt“) und aus der Vergangenheit zu ler-nen („Et hät noch immer jot jejange“). Derartig beschwingt feierten die Jecken den Auftakt des Straßenkarnevals.
Und das Wetter meinte es auch gut mit den Karnevalisten. „Das ist nicht zu kalt und nicht zu warm“, stellte Heinz „Addy“ Sechtem zufrieden fest. Eines wurde angesichts der tollen Stimmung auf dem Rathausplatz ganz klar: Nieselregen schreckt rheinische Anarchisten überhaupt nicht ab.
pp/Agentur ProfiPress