Mechernich – Gezählt hat sie niemand, aber der drangvollen Enge in der ganzen City nach zu urteilen, müssen es Zehntausende gewesen sein, die am Sonntag über die Bahn-, Weier- und untere Bergstraße sowie über die Plätze der Stadt flanierten und dort feierten.
Das Brunnenfest zum 50-jährigen Jubiläum der Stadtwerdung Mechernichs war ein voller Erfolg und knüpfte stimmungsmäßig dort an, wo man am Abend zuvor in Kommern bei einem fulminanten Open-Air-Konzert mit abschließendem Höhenfeuerwerk aufgehört hatte.
Es herrschte das buchstäbliche „Kaiserwetter“, blauer Himmel und strahlender Sonnenschein. Tausende in Feierlaune, die einiges geboten bekamen, Infostände, kühle Getränke, kulinarische Spezialitäten und jede Menge gute Unterhaltung. Ein Highlight war die Ernennung dreier neuer Olivenritter („Confrérie des Chevaliers de l'Olivier“) durch die Bruderschaft der Olivenritter aus der französischen Partnerstadt Nyons.
Bereits am Vormittag versammelten sich rund 600 Teilnehmende aus 40 Vereinen des Stadtgebiets. Die Karnevalsgesellschaft Feytaler Jecken Eiserfey 1966 e.V. rückte sogar mit Karnevalswagen und närrischer Gefolgschaft an. Auch die Bewohner der Pflegeeinrichtungen der Communio in Christo und das Rote Kreuz waren vertreten. Letzteres sorgte auch mit 17 Einsatzkräften aus Mechernich und Weilerswist unter der Leitung von Sascha Suijkerland für medizinische Sicherheit im Hintergrund.
Getanzt, gelacht und gefeiert
Schon im Umzug wurde getanzt, gelacht und gefeiert, bevor es dann in Richtung Innenstadt losging. Mit dabei, neben Verwaltungsspitze und Landrat Markus Ramers, Fahnenschwenker René Zander und Gäste aus der Mechernicher Partnerstadt Nyons sowie vom Freundeskreis Mechernich-Nyons e.V.
Vor der Bühne des Rathauses empfing das Stadt- und Brunnenfestkomitee Hunderte Zugteilnehmer und Repräsentanten aus den insgesamt 44 Orten und Weilern, die zur Stadt Mechernich gehören. Björn Schäfer, der Organisator des Festzuges, hatte für jede Gruppe ein paar warme Worte und bedankte sich für die überwältigende Teilnahme. Vertreten war ein Querschnitt der Gesellschaft, nicht nur im Zug, auch an den Ständen, die über die ganze City verteilt waren.
Mechernicher Feuerwehr samt Jugendfeuerwehr, Bundeswehr und Rotes Kreuz, evangelische und katholische Kirche sowie die Freie Christengemeinde waren vertreten, außerdem zahlreiche Organisationen, Institutionen, Firmen und Produktangebote.
Die Pfarrer Erik Pühringer und George Stephen Rayappan Packiam, Diakon Manni Lang und die Communio-Schwestern Theresia und Lidwina sowie die aus Indien stammende Samaritan-Schwester Nimisha vom Sozialwerk des Ordo Communionis in Christo sowie nebenan am evangelischen Stand Pfarrerin Susanne Salentin und ihr Team standen Rede und Antwort zu religiösen und kirchlichen Fragen.
Agnes Peters und Claudia Simon vom Familienmesskreis der Pfarrgemeinde St. Johannes Baptist in Mechernich beschäftigten unterdessen die jüngeren Besucher des Kirchenstandes mit Spielen und Basteln. Die Atmosphäre war heiter und gelöst, wer wollte, bekam sogar einen „Schutzengel“ als Schlüsselanhänger mit auf den Nachhauseweg.
Erstmals stellte sich der gesamte „Pastorale Raum St. Barbara Mechernich“ mit seinen bislang 54 „Orten von Kirche“ in der Öffentlichkeit vor. Jede der Gruppierungen hatte dazu einen „Steckbrief“ verfasst und der Leitende Pfarrer Erik Pühringer eine Landkarte angefertigt, auf der die Schwerpunkte kirchlicher Arbeit zu erkennen waren.
Innenstadt wurde Messegelände
Dabei handelt es sich um einen „bunten Haufen“, rund 20 Pfarr- und Kapellengemeinden im zum Bistum Aachen gehörenden Teil der Stadt, aber auch um Einrichtungen der Caritas, Kleine Offene Tür und Jugendgruppen, Chöre, Kindergarten, Barbarbruderschaft, Gebetsgemeinschaften und temporär tätige Gemeindeformen wie beim „Camp St. Agnes“, dem Sankt-Georgs-Ritt in Kallmuth oder Pilgerzügen nach Barweiler, Maria Martental oder Steinfeld.
Dr. Hans-Peter Schick begrüßte „seine“ Mechernicherinnen und Mechernicher sein letztes Mal als Bürgermeister zu einem Brunnenfest. Seine Amtszeit als Verwaltungschef ist am 31. Oktober abgelaufen. Sein Rückblick auf 50 Jahre Stadtgeschichte, in denen er mehr als die Hälfte der Zeit die Geschicke der Kommune maßgeblich beeinflusste, klang bewegt.
Als sich Kinderliedermacher Uwe Reetz vor die Bühne stellte und mit seiner Show begann, gesellten sich rasch Kinder um ihn herum und tanzten, was das Zeug hielt. Das Bühnenprogramm war klasse: Zu den Vorführungen des „Shokotan Karates“ oder der Big Band der Mechernicher Prinzengarde scharten sich Hunderte vor der Bühne und ließen die sprichwörtliche Post abgehen. Etwas sportlicher ging es beim Mitmach-Angebot der „Sportwelt Schäfer“ zu.
Zudem unterhielten die niederländische Straßenband „Doer Mar wa“ (Brabanter Dialekt für „Tu mal was“). Für den krönenden musikalischen Abschluss sorgten die „Männer von Flake“ und rockten das Publikum mit mitreißender Live-Musik von U2, Pink Floyd und Co.
Zugänge mit Fahrzeugen abgeriegelt
Die Plätze der Mechernicher Innenstadt wurden derweil zur Ausstellungsfläche verschiedenster Unternehmen und Vereine – die meisten davon aus Mechernich oder dort vertreten – wie der äußerst rührige Rotkreuz-Ortsverein unter dem Vorsitz von DRK-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker und Bereitschaftsleiter Sascha Suijkerland.
Neben einem Infostand, zahlreichen Einsatzfahrzeugen und einer Hüpfburg, waren sie aber auch für die Sicherheit der Besucher zuständig. Insgesamt waren 17 tüchtige Rotkreuzler aus Mechernich und Weilerswist um Teamleiter Sascha Suijkerland in Bereitschaft. Ihre zahlreichen Fahrzeuge, darunter auch Lastwagen, hatten die Erben Henry Dunants als Keil in der Weierstraße geparkt, um potenzielle Amokfahrer zu stoppen. Andere Zugänge zu den Orten, an denen Zehntausende feierten, waren mit Bauhoflastern, Baggern und schweren Traktoren zugestellt worden.
Auch die Bundeswehr des Standortes Mechernich war mit dem auch in der Ukraine eingesetzten Waffensystem „Patriot“ und anderen Fahrzeugen, darunter einem „Karrieremobil“, angerückt. Nebenan präsentierten sich Polizei, Feuerwehr und Rotes Kreuz. Auch der Kinderschutzbund war vertreten. Oldtimer und betagte Traktoren säumten die Straßen.
Mit Pinsel, Dose und Kamera
Die zuvor von der Stadt vorbereiteten Aktionen erfreuten sich ebenfalls vieler Besucher. So trafen sich Bürger im Ratssaal, um die Ausstellung zehn Mechernicher Künstler zu begutachten. In den 44 Orten und Dörfern waren rund 90-sekündige Videos gedreht und geschnitten worden. Eine bunte Mischung. Möglich machte das Dr. Manfred Rechs, der auch im Orgateam des Stadt- und Brunnenfestes mit dabei war.
Auch das Bergbau-Museum war mit einigen Exponaten im Rathaus vertreten, an denen der Vorsitzende Günter Nießen, Herbert Eichmann und Toni Reitz Auskunft gaben. Auch die „Kunst am Bau auf Zeit“ erfreute sich großer Beliebtheit und lockte die jüngste Generation vom Bleiberg an die Wände des ehemaligen Chinarestaurants an der Volksbank.
Dort hatten zuvor Jugendliche im Alter von zwölf bis 18 Jahren eine Seite der Fassade mit dem bemalt, was sie mit Mechernich verbinden. Am Sonntag durften die jungen Besucher nun ihren ganz eigenen Abschnitt an der Wand mit ihren Handabdrücken und anderen Darstellungen gestalten. Organisiert wurde das Ganze in Kooperation der Offenen Jugendarbeit/Kleinen Offenen Tür, dem Kunstschaffenden Franz Kruse sowie der Gruppe Einheimische Künstler Mechernich um Ela Rübenach. Zudem hatte Kunstmaler Yklas Kozikejew eine andere Seite des Gebäudes mit Wahrzeichen und dem Wappen Mechernichs verziert.
Abschied mit Wehmut
Für Bürgermeister Dr. Schick waren die Feierlichkeiten gleichzeitig das letzte große Ereignis seiner bald endenden Amtszeit. Zu Ehren seiner Leistungen für die Stadt Mechernich und ihr Brunnenfest übergab der dritte stellvertretende Bürgermeister und Initiator des Brunnenfestes, Heinz Schmitz, ihm einen eigens zu diesem Anlass geschaffenen „Brunnenfestorden“.
Schick: „Ich habe mich gefreut, dass ich über 26 Jahre die Geschicke dieser Kommune an maßgeblicher Stelle mitbeeinflussen konnte. Da kommt nun sicherlich ein bisschen Wehmut auf…“
Indes zeigte sich Landrat Markus Ramers begeistert: „Es ist ein tolles Brunnenfest bei großartigem Wetter – und ein perfekter Anlass, 50 Jahre Stadtrechte zu feiern.“ Am späten Nachmittag kam es dann zum kulturellen Höhepunkt: Vor der Bühne, die man am Rathaus errichtet hatte, wurden Vize-Bürgermeister Günter Kornell, der Künstler Gerhard Lenz vom Partnerschaftsverein Mechernich-Nyons und Stephan Hüllenkrämer vom Musikverein Eicks zu „Olivenrittern“ geschlagen.
Als nicht aus Nyons stammender Mensch ist das eine große Ehre, die zuvor erst 13 Menschen zuteilwurde: Unter anderem den Mechernicher Bürgermeistern Peter Giesen (1974) und Dr. Hans-Peter Schick (2007) sowie Anfang dieses Jahres dem Mechernicher Dezernenten und Stadtkämmerer Ralf Claßen.
Während der Zeremonie wurden alle drei per Olivenzweig in den Ritterstand erhoben. Eine südfranzösische Olive gab es natürlich auch noch – im wahrsten Sinne des Wortes als Vorgeschmack auf die nächsten großen Feierlichkeiten zur 60-jährigen Partnerschaft zwischen Mechernich und Nyons in zwei Jahren.
Jakob Seibel/pp/Agentur ProfiPress