· Mechernich

Kommern - Zeit des Schwelgens und der Arbeit

Keine Berührungsängste vor großen Tieren hatten die Besucher der "Tage nach der Ernte" im LVR-Freilichtmuseum Kommern. Es herrschte wieder eine einmalige Atmosphäre. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Begegnung am Rande wie in alter Zeit. Historisch gewandete Feuerwehrleute aus Pulheim und Stommeln waren mit einem pferdebespanntem Spritzenwagen angereist. Hier begegnen sie einer Museumsbäuerin beim Ziegenhüten. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Der Corso mit alten Traktoren und landwirtschaftlichen Geräten passiert die Baugruppe Bergisches Land im LVR-Freilichtmuseum Kommern, im Hintergrund wird mit Hilfe des historischen Dreschkastens Weizen gedroschen. Foto:ml/pp/Agentur ProfiPress
Das Rote Kreuz im Kreis Euskirchen ist immer dabei - auch bei der Oldtimer-Traktorenparade im LVR-Freilichtmuseum Kommern. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Museumsbäuerinnen zeigen Besuchern der "Tage nach der Ernte", wie ehedem "Kappes" und "Schavour" für den Winter eingemacht wurden. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Die Ochsen müssen ziehen, der Hund macht es sich auf der Getreideladung bequem. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Historischer Brotwagen einer rheinischen Bäckerei, gezogen von einem Zweiergespann Rheinisch-Deutscher Kaltblüter. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Das Rote Kreuz im Kreis Euskirchen zeigte auch bei den "Tagen nach der Ernte" im LVR-Freilichtmuseum Präsenz und sorgte für die medizinische Sicherheit von Tausenden Besuchern. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Man konnte dem Besenflechter nicht nur bei der Arbeit zusehen, sondern auch fertige Besen käuflich erwerben. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
So viele alte Trecker wie diesmal kamen bei den "Tagen nach der Ernte" am Wochenende im LVR-Freilichtmuseum Kommern noch nie zum Einsatz. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Köstliche Hefepfannkuchen wurden in der Baugruppe Bergisches Land feilgeboten. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Still und unauffällig am Rande und im Hintergrund, aber zur Stelle, wenn es darum geht, verletzten oder kollabierten Mitmenschen zu helfen: Die Freiwilligen des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen, Ortsverein Mechernich, im Einsatz bei den "Tagen nach der Ernte" im LVR-Freilichtmuseum Kommern. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Museumslandwirt Gerd Linden hielt bei den "Tagen nach der Ernte" Verbindung zu den zahlreichen Fuhrleuten im Museum. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Junge auf einem von Kühen gezogenen Erntewagen in der Baugruppe Niederrhein. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress
Am Rande der Baugruppe Niederrhein hatten die Freiwilligen des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen eine Unfallhilfestelle mit insgesamt drei Fahrzeugen eingerichtet. Ein gestürzter Besucher musste versorgt und ins Kreiskrankenhaus Mechernich transportiert werden. Foto: ml/pp/Agentur ProfiPress

Traditionsveranstaltung „Nach der Ernte“ lockte am Wochenende knapp 8000 Menschen ins LVR-Freilichtmuseum Kommern.
Jeder bleibt im Schnitt fünf Stunden lang, ein Riesenkompliment für Museumsleiter Dr. Josef Mangold und seine Mannschaft – Dank an das Rote Kreuz im Kreis Euskirchen, das wie immer über die Gesundheit und Sicherheit tausender Menschen wachte - Ochsen-, Pferde, Kuhgespanne, Lokomobile und alte Trecker zogen Geräte und zeigten Arbeitsweisen aus verschiedenen Epochen.

Mechernich-Kommern – Am Wochenende waren wieder die sagenhaften  „Tage nach der Ernte“ im LVR-Freilichtmuseum in Kommern. Knapp 8000 Besucher aus dem weiten nordrhein-westfälischen und rheinland-pfälzischen Umland, aber auch aus den Benelux-Nachbarländern, dem Saarland und Hessen strömten diesmal zusammen, um Ernteverfahren und hauswirtschaftliche Arbeitsweisen längst vergangener Tage mitzuerleben. Wie immer bei Großveranstaltungen im LVR-Freilichtmuseum Kommern, aber auch im übrigen Kreis Euskirchen, waren am Samstag und Sonntag Teams des Roten Kreuzes mit mehreren Fahrzeugen im Einsatz, um die medizinische Sicherheit von Tausenden von Besuchern zu gewährleisten. Wie Sascha Suijkerland vom Roten Kreuz im Kreis Euskirchen berichtete, mussten die ehrenamtlich Dienst tuenden Frauen und Männer aber nur bei Kleinigkeiten eingreifen. Ein zu Boden gestürzter Besucher musste allerdings mit dem Rettungswagen ins Kreiskrankenhaus Mechernich eingeliefert werden. „Das ist was für Kopf, Herz und alle Sinne“, freute sich das Besucherpaar aus Ahrweiler in der Kommerner Museumsbaugruppe „Bergisches Land“. Gemeint waren die Tage „Nach der Ernte“, die am Wochenende wieder einmal im LVR-Freilichtmuseum Kommern begangen wurden. Knapp 8000 Besucher, davon allein 5167 am Sonntag, kamen, sahen und genossen, wie ehedem in den rheinischen Landschaften Eifel, Westerwald, Bergisches Land, Kölner-Bonner Bucht und Niederrhein mit der Zeit nach der Ernte eine Zeit des Schwelgens anbrach, aber auch des Dreschens und Einmachens für den Winter. Unser Ehepaar um die 50 hatte im Bergischen Land gerade bei Rosemarie Johnen frische Pflaumen sowie Äpfel und Birnen als Dörrobst gekostet - und bei Anita Wolfgarten und Sabine Roggendorf frisch gebackene Hefepfannkuchen mit Apfelstücken. Anschließend stillten die beiden bei Johanna Hilger und Josefine Sievernich ihren Wissendurst und ließen sich ausgiebig  erklären, wie früher „Kappes“ und „Schavour“ für den Winter haltbar gemacht wurden. Seit Jahren sind die 1985 erstmals begangenen „Tage nach der Ernte“ mit Arbeitsdemonstrationen und Vorführungen verbunden, bei denen jede Menge schwere Arbeitspferde, aber auch alte Traktoren und Landmaschinen sowie Kuh- und Ochsengespanne zum Arbeitseinsatz kommen. Die Menschen im weiten Umland goutieren die „Tag nach der Ernte“ traditionell mit großem Besucherandrang. 2009 wurde bei der 25. Veranstaltung eine durchschnittliche Verweildauer von fünf Stunden ermittelt, während derer die Besucher den landwirtschaftlichen und hauwirtschaftlichen Vorführungen zuschauen. Und essen, trinken und kaufen, was an Köstlichkeiten, aber auch an Korbwaren, Textilien, an Ort und Stelle gebundenen Besen, Spielzeug und Pferdegeschirr angeboten wird. „Das ist sensationell lange“, freute sich Museumschef Dr. Josef Mangold. „Nach der Ernte“ ist eine der erfolgreichsten Großveranstaltungen des Kommerner Freilichtmuseums – und hat sich am Wochenende auch in Konkurrenz zu einer ganzen Reihe anderer Events im nahen Umland publikumsmäßig bewährt. Gleichwohl wollen Museumschef Dr. Josef Mangold und seine engagierte Crew sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern weiter an Details arbeiten. Deshalb sollen in Zukunft alte Geräte und Arbeitsweisen mehr und besser erklärt werden, damit das Kommerner Museumskonzept von der „Volkskunde zum Anfassen“ auch weiter funktioniert. Denn es gibt kaum noch Opas und Omas, geschweige denn Mütter und Väter, die die gezeigten Geräte und Arbeitsweisen noch kennen und den Kindern und Jugendlichen erklären könnten. Josef Mangolds Stellvertreter Dr. Michael Faber sagte im Zeitungsinterview: „Wir werden unser museumspädagogisches Angebot künftig noch stärker in diese Richtung erweitern!“ Wann kamen im Getreidedrusch Flegel und Fauche zum Einsatz? Wo und wann tauchten die ersten Mähbinder und Dreschmaschinen auf? Wie kam es, dass der Mähdrescher alle bis dahin da gewesenen Ernteverfahren revolutionierte? Gezeigt wird bei den Tagen „Nach der Ernte“ die ganze Entwicklung der Landtechnik seit der Industriellen Revolution. Pferde-, Kühe- und Ochsengespanne, Lokomobile, Lanz-Bulldogs und die ersten Frontlader-Schlepper wurden im Stand und in Aktion gezeigt. Zweimal pro Tag zog ein Corso dieser Arbeitsgespanne durchs Museum. Auch im Wald und auf den großen Wiesen der Baugruppe Niederrhein wurden Tiere und Maschinen im Einsatz gezeigt. Inklusive eines Strohmietenbrandes, den die historische Feuerwehr aus Stommeln und Pulheim löschte und dabei die Besucher eine Eimerkette für den Löschwassertransport von der Pumpe zum Brandherd bilden ließ. Das Museum weiß auch komplexe geschichtliche Fragen anschaulich aufzuarbeiten. So erfuhren Unbedarfte, warum es speziell in der Eifel so viele und so kleine Höfe gab. Der Grund war die Realteilung in der Landwirtschaft, wobei jedes Kind einen gleich großen Anteil am Land bekam. Als die Kindersterblichkeit zurückging, führte das zu einer Aufsplittung Eifeler Ländereien in zahlreiche Kleinst-Bauernhöfe, die jeder für sich nicht mehr die existenziellen Bedürfnisse ihrer Bewirtschafter decken konnten. Das erklärt auch, warum gerade rund um den Mechernicher Bleiberg, an dem auch das LVR-Freilichtmuseum Kommern liegt, früher viele Bauern gleichzeitig auch Bergleute waren: Weil die Landwirtschaft allein die Familie nicht ernähren konnte.